Zwei Fußballspiele im Stadion An der Alten Försterei innerhalb von 24 Stunden. Während am Samstagnachmittag die 20.757 Zuschauer beim Zweitligaduell 1. FC Union Berlin gegen Karlsruher SC keine Tore zu sehen bekamen, gab es am Sonntag beim Regionalliga-Aufeinandertreffen zwischen „Union Zwee“ und den Jungs aus dem Paradies gleich sechs Treffer zu bestaunen. Während im Berliner Poststadion das Gipfeltreffen zwischen dem Berliner AK 07 und der TSG Neustrelitz ausgetragen wurde, kämpften die Union-Bubis und der FC Carl Zeiss um Rang drei. Knapp über 500 Jena-Fans hatten den Weg nach Berlin-Köpenick gefunden. Ein paar Exil-Jenenser landeten gewiss am Jahn-Sportpark, wo die U23 des 1. FC Union im Normalfall seine Heimspiele austrägt.
FC Carl Zeiss Jena erkämpft bei „Union Zwee“ in Schlussphase einen Punkt
Dass zweite Mannschaften generell nicht wirklich die Massen mobilisieren können, ist kein Geheimnis. Und somit ist die Zuschauerzahl von 1.303 sicherlich okay. Zieht man die (offiziell) 504 Gäste ab, so drückten immerhin 799 den Eisernen die Daumen. Nun ja, vor 18 Jahren gab es Spiele der ersten Mannschaft, die nur von knapp 1.000 Fußballfreunden besucht wurden. Gegen Hertha Zehlendorf zum Beispiel an einem regennassen Herbstnachmittag. Gruselig war´s. Da ist solch ein Stelldichein wie gegen Jena im schmucken Stadion ganz gewiss eine angenehme Angelegenheit, zumal das Ganze zu einem stimmungsvollen, spannenden Fußballnachmittag wurde.
Jena wollte die Gunst der Stunde nutzen und gegen den direkten Tabellennachbarn punkten. Und so wurde gleich mal losgelegt und in Richtung Union-Gehäuse gedrängt. Bereits nach sieben Minuten hatte Andis Shala den Führungstreffer auf dem Fuß, doch der Ball ging knapp über die Latte. Nur eine Minute später war es wiederum Shala, der die Kugel über das Tor setzte. Die Eisernen ließen sich indes nicht lumpen und fanden ebenso schon recht bald ins Spiel. So segelte nach einer Ecke der Ball rechts am Thüringer Gehäuse vorbei. Aufschrei im Gästeblock nach rund 20 Minuten. Maxim Banaskiewicz kam nach gutem Vorstoß im Strafraum zu Fall, doch der Pfiff des Schiedsrichters blieb aus. Weiter ging´s. Sowohl mit dem Spielgeschehen auf dem Rasen, als auch mit dem Support im ansprechend gefüllten Gästeblock.
Zu sehen gab es ein wirklich sehenswertes Regionalliga-Spitzenspiel, das unter dem Strich mehr Zuschauer verdient hätte. Tja, hätte, hätte, Fahrradkette, manch ein Köpenicker Fußballfreund geahnt, dass es nach dem torlosen Remis der Profis gegen den KSC bei der Zweeten so zur Sache geht, hätte er womöglich im zweiten Wohnzimmer vorbeigeschaut. Nach einer halben Stunde zeigte Shala einen hübschen, aber ungefährlichen Fallrückzieher, nur zwei Minuten später musste Jena-Keeper Tino Berbig sich gegen den starken Steven Skrzybski beweisen. „Eisern Union!“, ertönte es nun von der Waldseite, „Wir woll´n Jena siegen seh´n...“ von der Wuhleseite. Die FCC-Fans wurden erhöht. Nach einem Freistoß von Marcel Schlosser köpfte Andis Shala zum 1:0 aus Sicht der Gäste ein. Während die Anhänger noch feierten, hatte Union II bereits eine Antwort parat. Mit Druck stürmten die Berliner auf das gegnerische Tor. Zuerst wurde ein Freistoß zur Ecke abgefälscht, wenig später klingelte es im Kasten. Oliver Oschkenat wuchtete den Ball mit dem Kopf in die Maschen. Der Ausgleich unmittelbar vor dem Pausenpfiff.
Mit Schwung ging Union II in den zweiten Spielabschnitt. Die Hausherren dominierten das Spiel und konnten nach einer Stunde einen Doppelschlag setzen. Zuerst netzte David Hollwitz aus spitzem Winkel ein, nur zwei Minuten später traf Pascal Wedemann ins Schwarze. 3:1 für Union Zwee. Das Ding schien gelaufen, zumal Jena vorerst den Faden verloren hatte und die Hausherren weiter das Spiel bestimmten. Hätte man noch ein Scheinchen auf einen Jenenser Punktgewinn gesetzt? Eher nicht! Tja, wer hätte das gedacht? In der 71. Minute spielte Marcel Schlosser gekonnt Maxim Banaskiewicz an und dieser besorgte den Anschlusstreffer. Dass nun doch was gehen könnte, war klar. Jena schöpfte Mut und kam fortan wieder besser in die Partie. Mit Erfolg! In der 89. Minute arbeitete sich der zuvor eingewechselte Sebastian Fries vor und übergab Marcel Schlosser das Arbeitsgerät. Nach Flanke in den Strafraum war Matthias Peßolat zur Stelle und erzielte das viel umjubelte 3:3. Ganz klar, ein Remis, das sich aus Gästesicht anfühlt wie ein Sieg. Abklatschen bei den Fans und gehorcht, was beim Spitzenspiel paar Kilometer weiter in Berlin-Moabit rauskam. Dort konnte sich die TSG Neustrelitz beim Berliner AK 07 durchsetzen und somit die Tabellenführung auf beeindruckende Art und Weise weiter ausbauen.
So langsam aber sicher darf die Frage gestellt werden: Möchten die Mecklenburger wirklich aufsteigen? Und wenn ja, wo wollen sie dann ihre Drittligaheimspiele austragen? Wo befindet sich das nächstliegende ligataugliche Stadion mit Flutlicht? Nach Rostock sind es auf dem Straßenweg rund 140 Kilometer, nach Berlin indes nur 120 Kilometer. Neustrelitz übergangsweise im Jahn-Sportpark? Wer weiß. Union kann davon ein Liedchen singen...
Fotos: Marco Bertram