Für die einen wird ein jahrelang gehegter Traum wahr, für die anderen ist diese Aufstiegsrunde zur 3. Liga einfach nur ein Albtraum. Unter dem Strich ist es völlig egal, wer auf der Strecke bleibt. Bitter ist es für jede Mannschaft, die als Meister am Ende nicht aufsteigen kann. Für den Verlierer bleibt Frust. Nicht wenige Mannschaften zerfallen nach der Niederlage komplett. TSG Neustrelitz, Hessen Kassel. Die Aufstiegsrunde ist und bleibt ein Desaster, so spannend und prickelnd sie für den außenstehenden Beobachter auch wirken mag. Beim diesjährigen Duell Kickers Offenbach - 1. FC Magdeburg müsste auch dem letzten Verantwortlichen beim DFB ein Lichtlein angegangen sein. Geballter und intensiver konnte eine Alles-oder-Nichts-Konstellation nicht sein. Zwei Vereine mit großer Geschichte. Zwei Fanszenen, die sich sehen lassen können. Zwei Regionen, die den beiden Duellen entgegen fieberten. Ein Hoffen, Bangen und Zittern. Ein Aufstiegsfight, der manch einem Fan die Sicherungen durchbrennen ließ. Am Ende konnte der 1. FC Magdeburg den seit 1991 erhofften Sprung in den Profifußball intensiv feiern, in Offenbach bleiben nur Enttäuschung, Wut und Resignation. Der nach dem Lizenzentzug gestartete Neustart in der Regionalliga Südwest trug keine Früchte - und das nach solch einer großartigen Saison. Ob im kommenden Jahr wieder ganz oben angegriffen werden kann, steht in den Sternen.
1. FC Magdeburg siegt in Offenbach: Traumerfüllung für die Generation Amateurfußball
HotGleiches gilt für den 1. FC Saarbrücken. Der Südwesten konnte keinen seiner beiden Vertreter durchbringen. Am Ende gab es lachende Gesichter im Osten, in Bayern und im hohen Norden bei den Bubis des SV Werder Bremen. Welch ein Irrsinn. Ganz klar, diese Diskussion wurde von Beginn an geführt, doch flammt diese zum jetzigen Zeitpunkt noch einmal richtig auf. Das U23-Duell zwischen Mönchengladbach und Bremen setzte dem Ganzen das Krönchen auf. Und ja, schleunigst sollte diese Aufstiegsregelung ernsthaft überdacht und geändert werden. Die Aufstiegsduelle der RL-Meister erinnert an die Zeit Anfang der 90er Jahre, als die Meister der jeweiligen Oberligen in abschließenden Gruppen die Aufsteiger ausspielten. Eine Zeit, an die man sich nicht allzu gern erinnert. Die 1994 eingefügten Regionalligen beendeten diese Spuk - schlossen diesen klaffenden Spalt zwischen Profi- und Amateurfußball.
Ein Meister muss direkt aufsteigen, ohne Wenn und Aber. Eine Relegation zwischen dem Drittletzten und dem Drittersten ist eine ganz andere Geschichte. Sie ist nur eine Art Hintertür, schließlich hat jede Mannschaft die Möglichkeit, diese Relegation auf sportlichem Wege zu umgehen. Die Aufstiegsrunde zur 3. Liga kann man indes nicht umkurven. No other way, mit vollem Karacho in die beiden Duelle. Alles oder Nichts. Dass dies auch die jeweiligen Fans verinnerlichen, ist allzu klar. Hier gibt es nichts zu holen! Dies machten zahlreiche Anhänger des 1. FC Magdeburg den Gästefans aus Offenbach beim Hinspiel deutlich. Dabei wurde teilweise die Grenze des guten Geschmacks deutlich überschritten. Angegriffene Busse und Autos an Kreuzungen und Ampeln sprechen eine deutliche Sprache. Dass es nach dem 1:0-Sieg des 1. FC Magdeburg beim Rückspiel überaus hitzig werden würde, lag auf der Hand.
Selbst gemäßigte OFC-Fans ließen im Netz im Vorfeld der Partie am Bieberer Berg ihrer Wut freien Lauf. „Magdeburg und seine Fans ins Niemandsland zurück ballern!“ Einer schrieb von purer Abneigung gegenüber des „Packs aus dem Osten“. Und das, obwohl er zu früherer Zeit durchaus Sympathien gegenüber dem 1. FCM gehegt hatte. Fakt ist, die Magdeburger Anhängerschaft holt das mit Intensität nach, was andere große ostdeutsche Fanszenen in all den Jahren zuvor erlebt hatten. Unvergessen die hasserfüllten Aufstiegsduelle zwischen Hannover 96 und dem FC Energie Cottbus (Meister der RL Nord und Nordost) im Jahr 1997. Die emotionalen Aufstiegsduelle zwischen dem VfL Osnabrück und dem 1. FC Union Berlin sowie dem VfL Osnabrück und der SG Dynamo Dresden. Abstiegs- und Aufstiegskämpfe in der 2. Bundesliga und 3. Liga. Das Ost-West-Ding wird mitunter auch 25 Jahre nach dem Fall der Mauer noch herausgeholt.
Und nun war der 1. FC Magdeburg an der Reihe. Nicht ohne Grund nennt man sich „Generation Amateurfußball“. Seit 1991 gab es in der Bördestadt nur Oberliga- und Regionalliga-Fußball zu sehen. Während andere namenhaften Vereine aus der DDR nach der Wende kurze oder längere Zeit im Profibereich schnupperten, packte der Europapokalsieger von 1974 fast eine Vierteljahrhundert lang nicht den Sprung nach oben. Umso bemerkenswerter, welch eine große Fanszene sich entwickeln konnte. Nach dem totalen fantechnischen Einbruch der 90er ging es im neuen Jahrtausend stetig voran. Vor allem die Entwicklung der vergangenen vier, fünf Jahre lässt aufhorchen. Der Block U setzte zuletzt bei wichtigen Partien wie gegen Bayer 04 Leverkusen, den BFC Dynamo und den Halleschen FC schmucke Choreographien und beeindruckende Pyro-Einlagen im großen Stil um, als sei es das Selbstverständlichste der Welt.
Bei den Größten der Welt, wie man sich in Magdeburg gern nennt, waren rund 100 brennende Bengalos gegen den HFC das Mindeste, um angemessen das Pokalspiel gegen den Erzrivalen einzuläuten. Nicht ohne Grund war vielerorts zu hören: „Als Dresdener hasse ich von Hause aus den FCM wie die Pest, aber trotzdem wünsche ich sie mir in die 3. Liga!“, „Scheiß Magdeburg! Aber Respekt, sie gehören endlich nach oben!“ Letztendlich aber gab es vor allem eine Meinung: „Scheiß Relegation. Sowohl der OFC als auch der 1. FCM gehören nach oben!“
Dass die Mannschaft des 1. FC Magdeburg über die Saison hinweg gereift war und großen Prüfungen gewachsen ist, konnte zuletzt eindrucksvoll unter Beweis gestellt werden. Nach durchwachsenem Start in die Regionalliga-Saison kämpften sich die Magdeburger immer weiter heran und gewannen am Ende den spannenden Wettlauf gegen den Mitkonkurrenten FSV Zwickau. Die durchaus nicht leichten Hürden in Jena und bei Hertha BSC II wurden zuletzt mit Bravour gemeistert. Allein in der zweiten Halbzeit beim Heimspiel gegen den BFC Dynamo hätte man kurzzeitig denken: Hoppla, geht denen jetzt doch die Puste aus?
Dass dem nicht so war, wurde beim Hinspiel gegen den Offenbacher Fußball Club 1901 eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Vor 23.139 Zuschauern wurde hinten der Kasten sauber gehalten, vorn erzielte Nicolas Hebisch in der 40. Minute den Treffer des Tages. Mit einem 1:0 im Gepäck ging es nun zum Rückspiel nach Offenbach. Der 1. FCM psychologisch ganz klar im Vorteil. Selbst eine 1:2- oder 2:3-Niederlage würde zum Aufstieg genügen. Die Kickers mussten kommen, den Magdeburgern würde indes notfalls auch ein dreckiges 0:0 reichen. 2.000 FCM-Fans durften offiziell nach Offenbach reisen und dort den Gästeblock in Blau-Weiß hüllen. Weitere Anhänger hatten sich über Umwege Tickets für den anliegenden Bereich erworben, doch nicht jeder von ihnen gelangte ins Stadion. Mit dem Auto anreisende Fußballfreunde mit ostdeutschem Kennzeichen konnten schon mal ernsthafte Probleme bekommen. Manch einem wurde nach Zwischenfällen von der Polizei geraten, lieber wieder die Stadt zu verlassen.
Im selbstverständlich ausverkauften Stadion ging es auf dem Rasen sogleich zur Sache. Bereits nach vier Minuten hätten die Magdeburger die Führung erzielen können, doch Marius Sowislo köpfte nach einer Faustabwehr des OFC-Keepers den Ball knapp über das Gestänge. In der Folgezeit hatten beide Teams gut Möglichkeiten, die jedoch nicht in Tore umgemünzt werden konnten. Richtig spannend wurde es in der 25. Minute, nachdem der Ball nach einem Schlenzer von Denis Mangafic den Weg ins Magdeburger Gehäuse fand. 1:0 für den OFC. Das Ergebnis vom Hinspiel war in jenem Moment egalisiert. Die Offenbacher Fans außer Rand und Band vor Freude. Aufgerissene Augen, aufgerissene Münder. Geballte Fäuste, Stinkefinger in Richtung Gästeblock. Logisch, dass die Kickers nun die Gunst der Stunde witterten und sogleich nachlegen wollten. Dies wiederum wussten die Magdeburger zu nutzen. Es ergab sich Raum und ab ging es mit einem Konter in Richtung OFC-Strafraum. Sowislo flankte auf Felix Schiller und dieser brachte das Spielgerät aus kurzer Distanz unter. 1:1. Ein Schock für den OFC. Kollektives freudiges Ausrasten im Gästeblock.
Zig tausende SMS schwirrten quer durchs Land. Vor allem der Fußballosten war in heller Aufregung. Das müsste es gewesen sein, oder? Daumendrücken auch in Leipzig. Der 1. FC Lokomotive würde den Aufstieg in die Regionalliga wieder selbst in der Hand haben, wenn Magdeburg aufsteigt. Und selbst ein paar Etagen tiefer würde man profitieren. In der Brandenburg-Liga zum Beispiel. Im Fall des Aufstieges dürfte auch der Zweite hoch in die NOFV-Oberliga. Und dazu das gewünschte Szenario. Die 3. Liga als Tummelplatz der Nordost-Vertreter. Nach dem Klassenerhalt des F.C. Hansa Rostock mussten nun die Magdeburger hoch, um das im Osten gewünschte Szenario von acht Teams in der 3. Liga zu haben. Da kam es gerade recht, dass auch der FC Erzgebirge Aue von oben runter kam.
Zurück zum Spiel auf dem Bieberer Berg. Magdeburg legte vier Minuten später gleich noch einen nach. Eine hereinkommende Flanke konnte Lars Fuchs mit einem Kopfball verwerten. 2:1 für den 1. FCM. Der blau-weiße Wahnsinn nahm seinen Lauf. Fassungslosigkeit auf Heimseite. Nach der Pause versuchte der OFC noch einmal mit Druck vielleicht doch noch einmal heranzukommen. Dies nutzen die Gäste gnadenlos aus. Nach einem Konter war es Nicolas Hebisch, der allein vor dem gegnerischen Tor alles klar machen konnte. 3:1 für Magdeburg. Der Drops war gelutscht, der Aufstieg in trockenen Tüchern. Mit einem 5:3 des OFC war wahrlich nicht zu rechnen.
Während in der 84. Minute der blau-weiße Anhang das berühmte „Olé FCM, du bist mein Verein, wir folgen dir durch Deutschland, Europa, die ganze Welt …“ anstimmte, wurde auf Höhe der Mittellinie im Heimblock ein Kickers-Banner zusammengepackt. Sekunden später kletterten die ersten OFC-Fans in den Innenraum. Anfangs geschah dies recht ruhig und die Ordner schienen das Ganze unter Kontrolle zu haben. Als jedoch weitere Fans über den Zaun kletterten und heruntersprangen, ließ man diese gewähren. Die wenigen an dieser Stelle postierten Ordner taten im Prinzip gar nichts, sondern beobachteten das Ganze nur. Kein Wunder also, dass im Nachfeld der Ordnerdienst harsch kritisiert wurde. Rund 30 OFC-Anhänger rannten nun auf den Platz und traten Werbebanden um. Vorsorglich rückte nun die Polizei massiv an und schirmte den Gästeblock komplett ab. Als auch auf Offenbacher Seite die polizeilichen Einsatzkräfte eintrafen, drängten die Platzstürmer wieder zurück in den Block.
Das Spiel konnte wieder angepfiffen werden und somit ordnungsgemäß beendet werden. Es blieb am Ende beim 3:1 des 1. FC Magdeburg. Die blau-weiße Party konnte beginnen. Bereits kurze Zeit später kursierten die ersten Grafiken im Netz. Acht Embleme der Nordost-Vertreter. Auf die kommenden Drittligasaison freut man sich nicht nur in Magdeburg. Unter anderen wird es zum Kacher 1. FC Magdeburg vs. F.C. Hansa Rostock kommen. Beide Vereine sind sich seit dem 17. Mai 1991 nicht mehr begegnet. Damals gewann der 1. FCM im Ernst-Grube-Stadion vor gerade einmal 2.600 Zuschauern mit 2:1. Neben dem hitzigen Sachsen-Anhalt-Duell gegen den Halleschen FC dürfte das Aufeinandertreffen mit der SG Dynamo Dresden für reichlich Furore sorgen. Diese beiden Vereine kreuzten zuletzt in der Regionalliga-Saison 2007/08 die Klingen. Bereits damals gab es in Magdeburg eine ansprechende Kulisse (16.500), in der kommenden Spielzeit dürfte mit einem ausverkauften Haus zu rechnen sein.
Und wenn wir schon mal bei den kommenden Ost-Krachern der kommenden Drittligaspielzeit sind: Auch das Wiedersehen zwischen dem Chemnitzer FC und dem FC Erzgebirge Aue dürfte überaus brisant und hitzig werden. Allerdings freut man sich in Magdeburg nicht nur auf das Wiedersehen mit Dresden, Rostock, Erfurt & Co. Auch die Touren gen Westen lassen die anhaltinischen Herzen höher schlagen. Zuletzt gab es solche Auswärtsfahrten in der Saison 2002/01 und Saison 2007/08, als in der Regionalliga Nord unter anderen Rot-Weiss Essen, Eintracht Braunschweig und der SC Preußen Münster die Gegner waren. Und ja, Münster wird man in der kommenden Saison wiedersehen. Für Freude werden auch die Fahrten nach Köln (SC Fortuna) und Stuttgart (Kickers und VfB II) sorgen. Und falls der TSV 1860 in der Relegation gegen Holstein Kiel den Kürzeren zieht, darf der Magdeburger Tross sogar nach München reisen. Was soll man sagen? Für den 1. FC Magdeburg ein Aufstieg nach Maß. Ein Aufstieg zum rechten Zeitpunkt!
Fotos: Arne Amberg, Marco Bertram
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Benutzer-Kommentare
Beste Grüße aus Offenbach
P.S.: Wenn man den OFC Blog zitiert, dann darf man auch gerne verlinken ;)
Wir sind die Größten der Welt!
Sehr oberflächlich gehalten, wenig auf das Spiel selbst und die Stimmung in dessen eingegangen.
Eure Fotostrecken wissen allerdings zu gefallen.