1. FC Magdeburg vs. FC Rot-Weiß Erfurt: Grandioser Auftakt der besten dritten Liga der Welt

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FCMWas für ein emotionaler Start in die neue Saison! Ein Spiel wie aus dem Drehbuch. Als der 1. FC Magdeburg gegen den FC Rot-Weiß Erfurt in der letzten Minute den 2:1-Siegtreffer erzielen konnte, brachen sämtliche Dämme. Das Magdeburger Stadion wurde zum Tollhaus, 21.079 Zuschauer - abzüglich der rund 1.800 angereisten Gästefans - standen Kopf und feierten frenetisch ihre Mannschaft. Der Block U am Siedepunkt. Jemand brachte es mit einem kleinen Spruchband auf den Punkt: „Heiß auf Liga 3“. Genauso ist es. Und nicht nur die Fans des 1. FC Magdeburg sind heiß auf diese Liga, vielmehr steht die gesamte Region Nordost Kopf. Acht Teams aus dem Osten sind dabei und sorgen für zahlreiche heiße, mitunter überaus brisante Duelle. Und ja, normalerweise hat man die Anhängerschaft des FC Rot-Weiß Erfurt nicht so sehr auf dem Schirm. Gesprochen wurde im Vorfeld der Saison vor allem neben den Magdeburgern über die Platzhirsche Dynamo Dresden und Hansa Rostock. Dass jedoch auch der Verein aus der thüringischen Landeshauptstadt ordentlich was auf die Beine stellen kann, durfte am gestrigen Abend bestaunt werden. 

FCMAlle in Rot, so lautete das Motto der Erfurter Fans. 1.800 Tickets wurden an die Fußballfreunde aus der Blumenstadt abgesetzt, diese durften sich - wie zuletzt auch die HFC-Fans bei der Landespokal-Halbfinalpartie - auf dem Sitzplatzbereich der Hintertortribüne einrichten. Der eigentliche Gästeblock blieb wieder geschlossen und diente als Pufferzone. Dieses Konzept sorgte unter den Magdeburgern für viel Gesprächsstoff und somit wurde über jenes auch während des Fanmarsches vom Alten Markt zum Stadion diskutiert. Mag es zwar akustisch, optisch und vor allen Dingen sicherheitstechnische Vorteile schaffen, die Gästefans hinter dem Tor unterzubringen, doch so ergibt sich daraus auch ein entscheidender Nachteil. Zum einen verringert sich aufgrund der großen Pufferzonen (der eigentliche Gästeblock und die restlichen Bereiche der Hintertortribüne bleiben geschlossen) die Gesamtzuschauerkapazität, zum anderen gibt es für Magdeburger Fans zu wenige Möglichkeiten, preiswerte Karten außerhalb des Block U zu kaufen. 

FCMWer nicht aktiv dabei sein möchte, dem bleiben quasi nur Haupttribüne und Gegengerade. Weshalb der Stehblock des Gästebereichs gegen Halle und Erfurt geschlossen blieb, hat einen einfachen Grund. Es fehlt eine Plexiglasscheibe - oder zumindest ein engmaschiges Netz - zwischen Gästeblock und der Gegengerade, wo traditionell die motivierten älteren Magdeburger Semester sitzen. Dass es an der Nahtstelle zwischen Gästeblock und Gegengerade - trotz der großzügig eingerichteten, mit einer Plane abgedeckten Pufferzone - zu Konflikten kommen kann, stellten vergangenen Partien gegen den FSV Zwickau und den 1. FC Lokomotive Leipzig unter Beweis. So lange es an dieser Stelle nur den einfachen Zaun gibt, werden wohl bei brisanten Partien die Gästefans weiterhin in den Sitzplatzbereich einquartiert. 

ErfurtEs ist kein Geheimnis, dass Sitzplätze bei aktiven Fußballfans nicht beliebt sind. Dass auf Sitzplatzrängen jedoch trotzdem für grandiose Stimmung gesorgt werden kann, stellten am gestrigen Abend die blaue-weiße und rot-weiße Anhängerschaften eindrucksvoll unter Beweis. Die Erfurter zeigten beim Einlaufen der Mannschaften, dass auch der Einsatz von Pyrotechnik in bei den Verbänden so überaus beliebten Sitzplatzbereichen problemlos durchgeführt werden kann. In klassischer Manier wurde eine kleine Blockfahne hochgezogen, im Anschluss ließen vermummte Erfurter, die von etlichen Ultras der Saalefront unterstützt wurden, die Bengalen schwenken. Dazu waberte dichter rötlicher Rauch durch das Stadion, so dass die Choreo der Heimfans nicht vollends zur Geltung kommen konnte. 

FCMIm Block U präsentiert wurden drei negative Höhepunkte der jüngeren Vergangenheit. In der Mitte die Anzeigetafel des alten Ernst-Grube-Stadions. Oberliga Süd 2002/03. 1. FC Magdeburg - VfB Pößenick 2:3. Ganz rechts zu sehen: Der geöffnete Brief, der im Juni 2002 verdammt schlechte Botschaften brachte. Eröffnung des Insolvenzverfahrens. „Sehr geehrter Herr Trümper…“ Dazu links die Abschlusstabelle der Regionalliga-Saison 2007/08. Ein fetter Strich zwischen Rang zehn und elf markierte eine wichtige Sache. Die Vereine oberhalb dieser Linie waren für die neu gegründete 3. Liga qualifiziert. Der 1. FCM war auf Rang elf zu finden, ein Platz höher stand Eintracht Braunschweig. Punktgleich. Gerade einmal drei Treffer Unterschied beim Torverhältnis trennten die beiden Klubs. Was folgte, wurde bereits in anderen Rückblick-Berichten ausführlich thematisiert. Bekanntlich dauerte es noch einmal sieben lange Jahre, bis der sehnlichst erwartete Sprung in den Profifußball gelang. „Doch wir sind auferstanden aus Ruinen!“ war in fetten Lettern weiß auf blau im von den Erfurtern verursachten Nebel zu lesen. Nach erfolgreicher Regionalliga-Saison konnte in der Aufstiegsrunde Kickers Offenbach bezwungen werden. Rechtzeitig zur vielleicht stimmungsvollsten und interessanten dritten Liga der deutschen Fußballgeschichte ist der Europapokalsieger von 1974 mit im Geschäft. 

FCMEs war angerichtet. Pünktlich um 20:30 Uhr wurde das live im Fernsehen übertragene Duell der einstigen DDR-Oberligisten angepfiffen. Während aus Block U ein riesiges Fahnenmeer wurde, legte der Gastgeber auf dem Rasen motiviert los. Mit den Neuzugängen Löhmannsröben, Farrona und Niemeyer im Aufgebot kam Magdeburg in der 12. Minute zu einer ersten Doppelchance. Nach dieser wurde es auf den Rängen dermaßen laut, dass einem die Ohren summten. Ein Lärmpegel wie auf einem Flugfeld. Eine Messung der Dezibel-Zahl wäre mal interessant. Gut möglich, dass Magdeburg inzwischen an das einst berüchtigte Stadion der West Bromwich Albions rankommt.

ErfurtNach der ersten Viertelstunde kam Erfurt besser ins Spiel und ließ hinten nichts mehr anbrennen. In dieser Phase hatte es ganz klar den Anschein, dass die Erfurter Mannschaft bereits reifer und eingespielter ist. Nachdem in der 27. Minute Aydin deutlich über die Latte schoss, klingelte es vier Minuten später im Magdeburger Gehäuse. Nach einem hereingebrachten Ball von Eichmeier konnte Neuzugang Erb das Spielgerät zum 1:0 für den FC Rot-Weiß unterbringen. Jubelorgie im Gästebereich. Mit aller Deutlichkeit wurde den Magdeburger Fans gezeigt, was man von ihnen hält. 

FCMIn der Folgezeit hätte Erfurt zum 2:0 nachlegen und somit eine solide Basis für den Punktgewinn schaffen können. Zuerst wehrte FCM-Keeper Glinker einen Freistoß von Eichmeier ab, dann gelang es kurz vor dem Pausentee Bichler, Aydin und Löhmannsroben in der turbulenten Situation nicht den zweiten Treffer des Abends klarzumachen. Unmittelbar nach der Pause hatte sogleich FCM-Spieler Fuchs die Möglichkeit, den Ausgleich zu erzielen. In der 55. Minute dann noch eine Chance von Fuchs. Apropos, in der Halbzeitpause wurde bei einem Becher Kaffee die persönliche Prognose abgegeben, dass in der 65. Minute (1965 ist das Gründungsjahr des 1. FCM) der Ausgleich fallen würde. Knapp daneben. Bereits nach einer Stunde konnte Christian Beck nach einer Ecke mit dem Kopf zum 1:1 einlochen. Hochgerissene Arme soweit das Auge reichte.

FCMDas Magdeburger Publikum in Ekstase. Das erste Tor im Profifußball seit fast einem Vierteljahrhundert. Die „Generation Amateurfußball“ erlebte die erfreuliche Entjungferung und durfte erstmals einen Treffer in einer bundesweiten Spielklasse bejubeln. Und ja, es kam wohl wahrlich einem Orgasmus gleich. Wippen im Block U. „Einmal Blau-Weiß, immer Blau-Weiß!“ Die Mitmachquote war in der zweiten Halbzeit wieder einmal überzeugend. Gezeigt wurde 15 Minuten vor Schluss noch ein wichtiges Spruchband, das Bezug auf die emotional geführten Diskussionen vor dem Saisonstart (Stichwort offener Brief der Blue Generation / Block U) nahm: „Wir unterstützen kein Premiumprodukt! Wir unterstützen die Mannschaft des 1. FC Magdeburg!“

FCMUnd auf dem Platz? Die letzten 30 Minuten war das Spiel völlig offen. Allerdings hatten die Erfurter die besseren Möglichkeiten. In der 82. Minute zischte nach einem Schuss von Kammlott der Ball am rechten Pfosten vorbei. Den Torschrei hatte die rot-weiße Anhängerschaft bereits auf den Lippen. Zahlreiche, mitunter stark tätowierte, Oberkörper waren bereits zuvor freigelegt worden. Allerdings gab es für Erfurt an diesem Abend kein glückliches Ende. Nicht einmal das verdiente Remis konnte gesichert werden. In letzter Minute wurde Fuchs der Ball mit dem Kopf vorgelegt, allein vor dem Erfurter Keeper Klewin konnte er das 2:1 klarmachen. Besser hätte es für Magdeburg nicht laufen können. 

ErfurtVerständliche Wut und Enttäuschung beim Gästeanhang. Bei manch einem drohte die Sicherung durchzubrennen. Trotz bereitstehender behelmter Einsatzkräfte und zahlreich postierte Ordner von durchaus beachtlicher Statur wurde an den Absperrungen provoziert, als gäbe es kein Morgen. Einige Erfurter hatten sich eine Maske - auch gern Larve oder Hasskappe genannt - übergezogen. Balkan-Atmosphäre an der Nahtstelle. Allzu deutlich luden Erfurter die auf der Gegengerade stehenden Magdeburger zu einem Stelldichein, doch diese ließen sich an diesem Abend in keinster Weise aus der Reserve locken. Es blieb somit ruhig und der Magdeburger Last-Minute-Sieg konnte mit der Mannschaft problemlos gefeiert werden. 

ErfurtWeiter geht es für den 1. FC Magdeburg am kommenden Freitag, wenn das Auswärtsspiel beim 1. FSV Mainz 05 ansteht. An Abendspiele muss man sich gewöhnen. Die Anstoßzeiten der FCM-Partien sind nicht wirklich fanfreundlich, so findet in der Hinrunde unter anderen das mit Hochspannung erwartete Auswärtsspiel beim F.C. Hansa Rostock unter der Woche statt. Und auch die Auswärtssause zur U23 des SV Werder Bremen muss an einem Freitagabend starten. Man darf gespannt sein, wie viele Magdeburger Fans den Weg nach Mainz und Bremen finden werden. Zudem lautet die offene Frage, wie viele (umgezogene) Anhänger des 1. FCM im Bundesgebiet bei Auswärtsspielen in der Ferne (re-)aktiviert werden können. Daheim wird es bereits am 16. August wieder hitzig. Zu Gast in der Bördestadt ist dann der Erzrivale Hallescher FC. Der FC Rot-Weiß Erfurt empfängt indes in einer Woche den SV Wehen Wiesbaden. Nach der Auftaktpleite befindet sich die Mannschaft bereits beim zweiten Spiel unter Druck, wenn gleich als Saisonziel ein guter Platz im Mittelfeld ausgegeben wurde. 

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: 1. FC Magdeburg

> zur turus-Fotostrecke: FC Rot-Weiß Erfurt

Artikel wurde veröffentlicht am
25 Juli 2015
Spielergebnis:
2:1
Zuschauerzahl:
21.079
Gästefans
1800

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3. Liga

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Klasse Überblick, ich zähle auf Euch diese Saison. Echte Infos von Leuten die vor Ort sind nicht irgendwas abgeschreibsel
G
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