Der sportliche Aspekt zum Niederrhein-Pokalfinale Rot Weiss Essen gegen den Wuppertaler SV rückte im Vorfeld ein wenig in den Hintergrund. Erst wurde über Wochen über die Bestimmung des Austragungsortes durch den Fußballverband Niederrhein diskutiert (Essen statt Wuppertal oder Duisburg), dann folgte der übliche "SingSang" zu möglichen Ausschreitungen zwischen den rivalisierenden Fangruppen. So kündigte die große regionale Tageszeitung am Spieltag bereits "Randale" an und jonglierte in ihrem Aufmacherartikel in aller Unwissenheit mit Zahlen von gewaltbereiten Fans beider Lager, die das Spiel besuchen wollten.
RWE gegen WSV: Essen gewinnt locker Pokalfinale mit Randgeschehen
HotDazu schickte die Zeitung (vielleicht) für die fotografischen Beweise eine über das Fangeschehen etwas ahnungslos wirkende Fotografin zum "Finalmarsch" der Essener Fans. Auch die Polizei war nicht untätig. Sie empfahl dem Fußballverband Niederrhein als Ausrichter des Spiels große Fahnen zu verbieten und zeigte vor Heim- und Gästeblock eine teilweise etwas übertriebene Präsenz. So fuhr sie, als der Stadion-Einlass in vollen Zügen lief, vor der "West" (Heimtribüne) mit einem Wasserwerfer schweres Geschütz auf. Die Fans nahmen es mit Humor und posierten vor dem "blauen Ungetüm" für Selfies. Im Stadion selbst verhinderte der Aufmarsch und das nicht haltbare Fahnenverbot zwar (eventuell) geplante Choreographien aber nicht das Abbrennen von Pyrotechnik. Sowohl im Block der Wuppertaler (Spielbeginn), als auch im Heimblock (zweite Halbzeit) rauchte und leuchtete es kurz.
Die Essener Fans hatten ja auch schon vor dem Spiel auf ihrem "Finalmarsch" schon ordentlich Pulver verschossen: Unter dem Motto "Raus aus dem Alltag ins Hafengebiet, mit dem gröhlenden Tross der zum Stadion zieht!" machten sich gut 1.500 Fans vom Bahnhof Altenessen zwei Stunden vor dem Spiel zu Fuß auf zum Stadion. Dabei wurde auf dem 2,5 Kilometer langen und 60 Minuten dauernden Marsch gesanglich auf das Spiel eingestimmt und dabei reichlich Pyrotechnik verbrannt. Dabei ging auch ein Vorgarten-Busch in Flammen auf, so dass die Feuerwehr anrücken musste und nach dem Löschen dem "Tross" zur Sicherheit folgte. Kurz bevor die Fans ihr Ziel erreichten kam nocheinmal Bewegung in die Gruppe vor allem bei der sportlichen Fraktion, aufgrund von scheinbaren Auseinandersetzungen am Ende des Zuges. Der Marsch stoppte kurz und endete wenig später an der Kreuzung zur Hafenstraße in gemeinsamen Schlachtrufen zur Einstimmung.
Als der Essener Marsch eine Stunde vor Spielbeginn am Stadion eintraf, waren die Wuppertaler im Gästebereich schon auf Betriebstemperatur. Über 4.000 (im Schnitt kamen zu Heimspielen in der vergangenen Saison 2.603 Zuschauer) Fans folgten den Bergischen nach Essen in 25 Bussen, drei Sonderzügen und zahlreichen Autos. Schon fünf Stunden vor Spielbeginn trafen sich die Anhänger zum frühschopplichen Einstimmen am SaZ (Stadion am Zoo). Unterstützt wurden die WSV-Fans von Anhängern von Fenerbahce Istanbul sowie von Young Boys Bern. Aus Protest für den Spielort platzierten die Fans vor dem Gästeblock drei Spruchbänder. ("Scheiss FVN", "Scheiss ARD", "Scheiss Cops") und um die Essener Fans zu provozieren zeigten die Wuppertaler in der zweiten Spielhälfte eine "erbeutete" RWE-Zaunfahne ("Wilder Westen"). Wie erwartet und entsprechend vorbereitet antworteten die Essener Fans mit einem Spruchband ("Immer noch ein IQ von 50?"). Auch wenn das Spiel alles andere als positiv für Rot-Blau lief, den Stimmungsfaden verloren sie über das ganze Spiel nicht und feierten am Ende nicht die Niederlage sondern sich als "Oberligameister".
Sportlich hatte man aber ein wenig mehr vom "Oberligameister" und damit Aufsteiger in die Regionalliga West erwartet. Beide Seiten schätzten vor der Partie die Chancen auf einen Finalsieg auf "50:50" ein, aber mit dem Anpfiff war klar, dass Essen als Sieger vom Platz gehen wird. Zu überlegen und eindeutig agierte der angehende Titelverteidiger. Die wenigen Konter-Chancen des WSV (u.a. Ercan Aydogmus) blieben ungenutzt. Rot Weiss Essen hingegen spielte das erste Mal in dieser Saison wirklich überzeugend und ging in der 37. Spielminute durch Moritz Fritz mit 1:0 in Führung, bevor Leon Binder in der 54. Spielminute mit einem "Tor des Monats Strahl" das 2:0 markierte. Den Schlusspunkt setzte wieder Fritz mit dem 3:0. RWE holte damit den neunten Landespokal-Sieg (1993, 1995, 2002, 2004, 2008, 2011, 2012, 2015, 2016) und zieht damit auch in die erste Runde des DFB-Pokal ein.
Freuen dürfen sich die Fans auf die kommende Saison denn dann treffen sich die beiden Teams in der Regionalliga West wieder.
- Stadion an der Hafenstraße