Die Fotos schlugen ein wie das Bierfass im Trennzaun. In Zeiten der Fülle an Bildern und Videos aus aller Welt winkt man in den meisten Fällen nur noch müde ab, wenn in irgendeiner Kurve etwas brennt oder es irgendwo auf einer Straße zu einem Aufeinandertreffen kommt. Als jedoch das Bildmaterial vom tschechischen Erstligaduell Zbrojovka Brno vs. Baník Ostrava geliefert wurde, blieb das Auge am Geschehen haften. An einem Zaun kommt es zum Schlagabtausch. Tritte gegen den Zaun. Geballte Fäuste bahnen sich den Weg durch die Maschen. Und dann DAS Foto: Ein Mann mit Kapuze schlägt mit einem Bierfass (!) gegen den Zaun. Weiter unten gerät am in der Pufferzone aufgebauten Bierstand alles aus den Fugen. Eine Gasflasche macht sich selbständig, Bier spritzt in alle Richtungen, der große Sonnenschirm der tschechischen Brauerei ist umgestürzt. Ein surreales Szenario. Klickt man die Fotostrecke weiter zurück, ist noch zu sehen, wie eine Frau die Bierbecher unter den Zaun zu den Gästefans aus Ostrava durchreicht. Wenig später ist das Geschichte. In der gestürmten Pufferzone bricht kurzzeitig Chaos aus, daraufhin marschiert die behelmte Polizei in den Bereich und kann sich zwei, drei Fans, die nicht rechtzeitig flüchten konnten, greifen.
Wenn das Bierfass zum Einsatz kommt: Bambule am Zaun bei Zbrojovka Brno vs. Baník Ostrava
Bambule im tschechischen Fußball. Herzhafte Schlägereien sind in unserem Nachbarland nicht sooo selten. Bei Partien mit Beteiligung von Baník Ostrava geht es häufig zur Sache. Kein Wunder, bringt Baník stets einen beeindruckenden Haufen Fans mit und füllt die Gästeblöcke. Nach einem Jahr Zweitklassigkeit ist Baník Ostrava wieder zurück in der ersten Liga, und Fußballfreunde in Nah und Fern freuen sich, dass dieser Verein mit seiner großen Fanszene wieder das Fußballoberhaus bereichert. Am ersten Spieltag führte die Reise nach Brünn (Brno), und insgesamt über 8.000 Zuschauer fanden sich im Městský fotbalový stadion Srbská ein. Um zu verstehen, wie es zur Randale kam, hier ein paar Infos, die der Fotograf lieferte.
Zu Beginn der Partie gab es auf Heimseite an zentraler Stelle der Tribüne eine Choreo (Ultras Brno) zu sehen. Schätzungsweise zwei Drittel des aktiven Heimblocks war mit befreundeten Anhängern von Austria Wien und Slovan Bratislava gefüllt. Demzufolge war das Potential beachtlich. Am Rand der Tribüne wurde das große Banner „Torcida Brno“ aufgehängt. Im proppenvollen Gästeblock wurde indes supportmäßig gleich kräftig losgelegt. Dort mit dabei waren wie üblich etliche Freunde von GKS Katowice. Die Freundschaft zwischen beiden Fanszenen besteht bereits über 15 Jahre und ist demzufolge mehr als gefestigt.
Auf dem Rasen konnten die Gäste aus Ostrava nach knapp einer halben Stunde Dank des Treffers von Hrubý mit 1:0 in Führung gehen, zehn Minuten später sorgte Kratochvíl für den Ausgleich. Im Gästeblock hochgehalten wurden hunderte weiße T-Shirts mit verschiedenem Aufdruck. „Gieksa Baník“, „Chuligani“, Havírov on tour“, Jebat pavu“, „Bazal Stadium“. Beide Fanlager waren auf Betriebstemperatur, in der Halbzeitpause wurde es dann schließlich richtig hitzig. Die Gästefans präsentierten in Richtung Heimbereich ein Banner mit der fetten Aufschrift „Autoservis CHzB“. Dieses bezog sich auf einen Straßenkampf, der geraume Zeit zurück liegt. Baník und GKS wollten ein „Match“ und Brno erklärte daraufhin, dass es dieses nur geben würde, wenn Baník und GKS angreifen. Daraufhin wurde nicht lange gefackelt und nach Brno gereist. Dabei wurden auch etliche Fahrzeuge in Mitleidenschaft gezogen.
Das Autoservis-Banner war in der Halbzeitpause quasi der Weckruf. Anhänger von Slovan Bratislava machten sich nun am Trennzaun zur Pufferzone zu schaffen, und es dauerte nicht lange, bis die Ersten zum eigentlichen Zaun des Gästeblocks vordringen konnten. Es kam zum Schlagabtausch. Auf Gästeseite war man bereit, etliche Fans von GKS und Baník hatten sich bereits die Sturmhauben aufgesetzt. Im Pufferbereich wurden indes die Bierfässer gegriffen und gegen den Zaun geschleudert. Hierbei entstanden die eingangs beschriebenen Fotos. Ein Stück weiter wurden auf der Tribüne Baník-Schals angezündet, von beiden Seiten wurden zudem Fackeln geworfen und Leuchtkugeln abgeschossen. Als sich dann auch noch die besagte Gasflasche des Bierstandes mit Getöse selbständig machte, wurde es der Polizei zu bunt. Hinein in den Block, und die Angreifer traten den Rückzug an. Drei Personen, die schlichtweg zu langsam waren, wurden schließlich aufgegriffen.
Für die Gästefans war indes etwas ganz anderes vorgesehen. Hier kamen Paintballpistolen zum Einsatz. Mit diesen wurden Personen markiert, um diese später gezielt herauszuholen. Nun kann man sich wohl ausmalen, wie dumm es laufen kann, wenn ausversehen der Falsche mit solch einer Farbkugel getroffen wird. Sei es drum, das Spiel ging weiter. Auf dem Rasen und auf den Rängen. Im Laufe der zweiten Halbzeit wurde unten am Baník-Block ein großes Banner mit der Aufschrift „Pripraveni na piknik!“ (Bereit für ein Picknick!) befestigt. Eine Blockfahne mit einem gemalten Motiv wurde aufgezogen, diese wurde mit hellgrünem Material eingebettet. Dazu gab es etwas Pyrotechnik, unten am Zaun wurde feindliche Utensilien abgefackelt.
Auf dem Platz sorgten Milan Baroš (ja, genau dieser Baroš, der einst in Liverpool, bei Aston Villa und bei Galatasaray gespielt hatte) und Bronislav Stana in der 73. und 87. Minute für den 3:1-Sieg von Baník Ostrava. Nur zu klar, dass der Gästeblock exzellent aufgelegt war. Immer wieder wurden die weißen Shirts hochgehalten, nach Abpfiff wurde der Auftaktsieg in Brno ausgiebig mit den Spielern gefeiert. Durchatmen bei Baník? Nein, das nächste hochkarätige Spiel folgt in Kürze. Am 06. August ist Slavia Prag zu Gast in Ostrava. Ende August folgt die Sause zum FC Viktoria Plzen (Pilsen).
Und was den tschechischen Fußball im Allgemeinen betrifft: Die Dauerkarten-Zahlen für 2017/18 können sich wahrlich sehen lassen. Bei Slavia wurden rund 8.000 abgesetzt, beim Stadtrivalen Sparta immerhin 7.500. Nicht viel weniger sind es bei Viktoria Plzen (7.000). Aufsteiger Baník Ostrava liegt in diesem Ranking auf Platz vier (3.000 Dauerkarten), jeweils rund 2.000 Dauerkarten wurden in Teplice und in Boleslav an den Mann und die Frau gebracht. Die wenigsten Dauerkarten konnte Dukla Prag (300) absetzen, aber das dürfte kaum überraschen, steht dieser Verein weit hinter der Gunst der drei großen Prager Klubs. Apropos, bei Bohemians 1905 wurden immerhin 1.750 Dauerkarten verkauft. (Quelle: Tschechischer Fußball)
Fotos: Sachseninformer