Fünf Grad, Dauerregen was gibt es schöneres als ein Spiel von Rot Weiss Essen in der Regionalliga West zu besuchen, dachten sich auch offizielle 6.587 die gestern gegen den KFC Uerdingen da waren. In Wirklichkeit waren es aber sicherlich gut 2.000 Zuschauer weniger, da viele Dauerkarteninhaber zu Hause geblieben sind und sich nicht wieder quälen wollten. Okay man kann sich auch in irgendeinem Sado-Maso Schuppen oder mit dem TV-Programm a la RTL quälen, aber das ist alles noch viel zu bequem, es muss richtig weh tun so wie gestern Abend, als es RWE tatsächlich schaffte binnen Sekunden in der Nachspielzeit zwei Gegentreffer zu bekommen. Dieser Twitter Post (getreu nach einem Witz vom Comedian Hagen Rether) trifft es auf den Punkt: "Wenn das #Essen ist, wie sieht dann Kotzen aus?"
Unfassbar: Wie Rot Weiss Essen eine 2:0 Führung in der Nachspielzeit vergeigte
Schneller kann eine Stimmung nicht umschlagen als gestern Abend. Dabei spielte die rot-weisse Mannschaft engagiert und agierte in vielen Phasen besser als der Tabellenzweite und Titelanwärter KFC Uerdingen, der von gut aufgelegten 900 Fans an die Hafenstraße begleitet wurde. Den letzten Heimdreier gab es für RWE am 12. November 2017, es folgten drei Heimpleiten inklusive der bitteren Niederlage am vergangenen Freitag gegen Wattenscheid wo die schwarz-weißen ebenfalls in der Schlußphase das Spiel drehten. Trotzdem gab es gestern das ganze Spiel über keine "Hiebe", sondern "Liebe" von den Rängen. Unterstützt wurde das Ganze von dem frühen 1:0 durch Benjamin Baier. Der zog in der neunten Minute einfach mal aus 20 Metern ab.
Viele Chancen zur Führung für Rot Weiss Essen in der ersten Hälfte, der KFC Uerdingen zeigte sich erst in der Zweiten. Trotzdem war es wieder RWE diesmal durch Kevin Grund der in der 76. Spielminute den Ball mit einem Freistoß ins Tor schlenzte. Alles noch gut an der Hafenstraße. In der Schlußphase des Spiels wechselte der "Noch" Essen Trainer Argirios Giannikis (er geht zum Saisonende zum VfR Aalen) die Leistungsträger Pröger, Grund und Brauer aus, die die Fans mit stehenden Ovationen abfeierten. Dazu forderten die Anhänger von der West zwischendurch mit "Heute wird gesoffen bis der Trainer geht" endlich die überfällige Verabschiedung des Übungsleiters. Der wollte mit den Spielerwechsel etwas "Zeit von der Uhr" nehmen und schwächte aber damit das Team, vielleicht weil er dachte das 2:0 sei fix.
Aber Cokkosan, Lucas und vor allem Jansen leuteten zusammen mit den anderen acht Mitstreitern dann das Desaster ein. Klar David Jansen ist mit seinen 31 Jahren sicherlich vom Blatt her ein Routinier mit Erfahrung, aber schöne Statistiken und Erfahrungen bringen leider nichts im harten Ligaalltag der Regionalliga-West und vor allem in der Schlußphase gegen einen "Spitzengegner". Eventuelle Gefälligkeiten / "good will" gegenüber Spielern, sollte auch ein scheidener Trainer unterlassen, denn sonst passiert das "Unfassbare" was passiert ist.
Drei Minuten Nachspielzeit gab der Schiedsrichter und die reichten dem KFC Uerdingen: Erst tunnelte Maximilian Beister (erstes Tor für den KFC) RWE Torwart Heller, dann netzte der Krefelder Johannes Dörfler ein - sehr zur Freude der Uerdingen Fans. Abpfiff. Wer weiß, wäre noch länger gespielt worden, wäre vielleicht nocht das 3:2 für die in gelb-schwarz spielenden Krefelder gefallen. Okay vor dem Spiel hätte sicherlich jeder Essen Fan das 2:2 gerne als Endergebnis mitgenommen, aber so fühlte sich dieses für alle die es mit den rot-weissen hielten wie eine Niederlage an. Entsprechend folgten wütende Beschimpfungen von den schockierten Fans.
Aber auch die Spieler waren sichtlich geschockt, während die Krefelder feierten und der "Noch" RWE-Trainer Giannikis schnell in die Katakomben verschwand trommelte der Essener Kapitän Benjamin Baier die Mannschaft auf dem Spielfeld zusammen und hielt eine lautstarke Standpauke. Respekt dafür, aber wo war der Trainer? Schon längst gedanklich im beschaulichen Aalen im stillen Kämmerlein? Noch während die Essener Mannschaft sich die verbalen Rüffel von den leeren Tribünen holte, packte die aktive Fanszene auf der "West" schnell ihre Zaunfahnen zusammen und stürmte kurz darauf aus dem Stadion. Völlig frustiert von der aktuellen Leistung, aber auch der vergangenen elf Jahre (Rot Weiss Essen stieg 2007 aus der zweiten Liga ins "Amateurlager" und führt die "Ewige Tabelle aller Regionalligen") versuchten gut 200 Anhänger von außen in Richtung Geschäftsstelle vorzudringen. Die Polizei, vorher nicht sichtbar, war auf Zack und eine Hundertschaft zog behelmt und recht rabiat (auch gegen andere Zuschauer die gerade das Stadion verließen) auf. Die Situation beruhigte sich so schnell wie sie entstanden war und die frustierten Fans zogen von dannen.
Für Essen heißt es damit wieder: Abstiegskampf in der Regionalliga West (am Samstag geht es zum Tabellenletzten Westfalia Rhynern), während der KFC Uerdingen zum SV Rödinghausen reist, um den Traum vom eventuellen Aufstieg doch noch ein wenig weiter zu träumen.
- Stadion an der Hafenstraße