„Ich will auch das was der Autor hatte“, so und so ähnliche Kommentare erreichten mich nach meinen Artikel zum letzten (wieder mal spielerisch schwachen und verdient verlorenen) RWE-Auftritt vor heimischen Publikum Ende der gerade abgelaufenen Saison: „Rot-Weiss Essen: Letztes Heimspiel vor der Aufstiegssaison“. Getreu den Worten von Manni Breuckmann waren es tatsächlich ein paar Flaschen vom feinsten Essener Biergebräu, die mich zu dieser euphorischen Überschrift hinreißen ließen. Aber scheinbar liegt die Wahrheit nicht nur im Wein, sondern vielleicht auch in einer leckeren Hopfenkaltschale „Made in Essen-Altenessen“.
Rot-Weiss Essen: Kräftig durchgewischt und auf Los vorgerückt
Denn während sich der Rest der Liga langsam in den Sommer verabschiedete, begann sich bei Rot-Weiss das Spieler- und Trainerkarussell schneller als der Breakdance auf den „Happy Days“ in Essen-Dellwig zu drehen, und es dreht immer noch weiter. Nachdem schon zum letzten Heimspiel gegen den SC Wiedenbrück neun Spieler (Timo Brauer, Timo Becker, Tolga Cokkosan, Nicolas Hirschberger, David Jansen, Lukas Raeder, Ismail Remmo, Lukas Scepanik und Robin Urban) plus sportliche Leitung (Jürgen Lucas ) verabschiedet wurden, folgte mit der Freistellung des „Capitano“ Benjamin Baier wenig später der erste größere Paukenschlag. Obwohl noch ein laufender Vertrag, darf sich der „Kapitän der Hafenstraße“ einen neuen Verein suchen.
Wenn aufgeräumt wird, dann aber richtig und vor allem zu Recht: Es gab zwar einen tollen Saisonstart 2018/2019, aber nach ersten Rückschlägen kein Aufbäumen und auch keine Weiterentwicklung der Spieler. Ein so weiter und weiter konnte es nicht geben. Der Frustlevel bei den treuen Fans, die zu tausenden auch in der vierten Liga an die Hafenstraße pilgerten, ist zum Zerbersten angeschwollen. Sie haben einfach keinen Bock mehr auf Liga 4, wenn eine Liga höher Rostock, Magdeburg, Braunschweig, Kaiserslautern, 1860 oder Münster warten. Aber der Verein und die Führungsmannschaft haben es erkannt und still aber konsequent gehandelt. Es wurde nicht nur mit Jörn Nowak (kam von RWO) ein neuer sportlicher (hauptberuflicher) Leiter installiert, sondern auch schon erste Spieler verpflichtet, die vom Papier her das Zeug haben Rot-Weiss Essen endlich in die dritte Liga zu führen: Dennis Grote kam vom Chemnitzer FC, Marco Kehl-Gomez vom 1. FC Saarbrücken, Alexander Hahn vom FC Homburg, Jan-Lucas Dorow von Wormatia Worms und Felix Herzenbruch vom SC Paderborn. Und wenn man einmal anfängt mit dem Frühjahrsputz, dann hört man auch nicht auf: So war es dann auch nur konsequent, dass auch der Trainer Karsten Neitzel mit seinem Spielkonzept zur Disposition stand und gestern folgerichtig entlassen wurde.
Wenn richtig, dann richtig: Ein kompletter Neuanfang mit neuem Team und neuem Trainer. Bereits gestern am frühen Nachmittag sickerte über Fanseiten des Hamburger SV und von der Seite des Hamburger Abendblattes die Meldung durch, dass Christian Titz neuer Cheftrainer an der Essener Hafenstraße wird. Auch die regionalen Sportmedien im Ruhrgebiet (u.a. Reviersport) brachten die Meldung und das RWE-Fanforum bot wie immer reichlich Lesestoff in Sachen Meinungsvielfalt. Seit heute steht es fest: Christian Titz ist der Neue an der Hafenstraße, kein leichtes Amt, ist er doch der inzwischen achte Trainer (inkl. Interimstrainer) in den letzten fünf Jahren an der Hafenstraße. Aber vielleicht ist genau er es, der es schafft den Traditionsverein endlich aus der sportlichen Versenkung zu holen.
Jedenfalls bringt er eine interessante Vita und damit auch eventuell neue Spielkonzepte mit. Er schreibt Bücher, ist Inhaber des Unternehmens „Coaching Zone“ (mit interessanten Videos über den Trainingsalltag), trainierte erfolgreich die U23 des Hamburger SV und coachte die HSV-Profis von März bis Oktober 2018. Er konnte sie nicht vor dem Abstieg in die 2. Bundesliga retten, aber überzeugte die Fans bis heute mit seinem Spielkonzept, wenn man den Kommentaren in den Hamburger Fanforen glaubt. Der 48-jährige erhält in Essen einen Vertrag bis 2021. Rot-Weiss Essen setzte sich damit gegen Holstein Kiel und Darmstadt 98 durch, mit denen Titz in den letzten Wochen ebenfalls in Verbindung gebracht wurde. Meine Meinung: Ein klasse Coup des Klubs. Entsprechend euphorisiert sind die Fans und erwarten nichts weniger als Tabellenplatz eins und eine anschließende erfolgreiche Relegation. Der Trainer und die „neue“ Mannschaft müssen nun einfach liefern was die Fans ersehnen.
Egal wie der Aufstieg in Liga 3 gelingt, ob „mit Mode-Millionen (wie der Boulevard das Besondere und in dieser Form einzigartige Invest des RWE-Fans und Gründer von Naketano Sascha Peljhan betitelt), mit einem neuen Trikot-Sponsor (Harfid), mit sportlicher Qualität auf dem Platz und Kompetenz auf der Bank oder Ekstase auf den Rängen:
Ab 26. Juli 2019 alles auf Rot für „Happy Days“.
> zu unseren Rot-Weiss Essen Fotos
Foto: K. Hoeft