Was für eine Explosion in der dritten Minute der Nachspielzeit, als Thomas Eisfeld den Ball hinter Maximilian Schulze Niehues ins Tor von Preußen Münster zimmerte: Die Rot-Weiss Essen Fans im ausverkauften Heimbereich im Stadion an der Hafenstraße in Essen hielt es nicht mehr auf den Sitzen. Sie lagen sich in den Armen, sprangen auf die Zäune und bejubelten lautstark den verdienten Führungstreffer und gleichzeitig auch Siegtreffer gegen den ewigen Rivalen im „Westschlager“. Gänsehaut, Bierdusche und Freudentränen: Da war sie endlich, die Genugtuung und die Entladung lang aufgestauter Emotionen.
Adler gerupft: Rot-Weiss Essen gewinnt verdient gegen Preußen Münster
Ja, das Verhältnis zwischen Rot-Weiss Essen und Preußen Münster war und ist schon immer von großer Rivalität geprägt (Stichwort: Legende vom verschwundenen Schwert), aber vor allem in den letzten beiden Jahren hat sich einiges aufgestaut bei den Fans: Von der Causa Dennis Grote (Abwerbeversuche des Essener Kapitäns seitens des SCP mitten im Aufstiegsrennen), über die zu Recht abgebrochene Begegnung im Februar 2022 aufgrund eines idiotischen Böllerwurfs aus dem Essener Fanblock bis hin zu kommunikativen Spitzfindigkeiten seitens der Preußen. Ganz verkraftet hat man an der Hammerstraße in Münster den verpassten Aufstieg aus der Regionalliga West 2022 wohl immer noch nicht. Auch wenn man selber in diesem Jahr aufstieg, der Stachel, dass RWE das Dingen am Ende dann doch im Mai 22 zog, sitzt anscheinend noch sehr tief. Anders sind manche Situationen vor allem gestern nicht zu erklären.
Am Spielfeldrand ein Trainer, der in „Rumpelstilzchen“ Manier jede auch nur so harmlose Spielsituation mit einer aufbrausenden und tobenden Art kommentierte. Unnötig und übertrieben fand das auch der gut agierende Schiedsrichter Lukas Benen, der Sascha Hildmann dann in der 36. Spielminute mit einer gelben Karte verwarnte. Unnötig und total daneben war leider auch eine Aktion von ein paar wenigen Preußen Fans: Nein, gemeint ist nicht die gute Stimmung (mit Bochumer Unterstützung) im nicht ganz ausverkauften Gästebereich. Die war stark bei einer beeindruckenden Mitmachquote von nahezu 100 Prozent. Auch nicht gemeint waren Teile der sehenswerten Pyroshow zu Beginn der zweiten Hälfte, bestehend aus grünen Bengalos und Rauch. Was aber überhaupt nicht ging und geht, (ein NoGo im Stadion) ist klar das Zünden und Abschießen von Raketen mit Knallkörpern in Richtung Rahntribüne (Heimbereich), wo Familien mit Kindern und Rollstuhlfahrer sitzen. Eine abartige Aktion von wenigen Fans der Preußen. Ach, nennen wir sie direkt beim Namen: Idioten! Schade: Ist Preußen Münster sonst immer schnell mit spitzfindigen Stellungsnahmen, gibt es bisher zu der Aktion keinen Kommentar.
Immerhin das Spiel bot einiges von beiden Seiten, vor allem Hochspannung bis zum Schluss, wo man nicht wusste in welche Richtung das Pendel nun ausschlagen würde. Auch wenn der, anscheinend in Preußen Münster Bettwäsche schlafende, Sportredakteur einer großen Boulevardzeitung es anders sieht: Am Ende gewann Rot-Weiss Essen aufgrund der Anzahl der Chancen verdient mit 1:0 vor 18.677 Zuschauern. Nach der Auftaktniederlage in Halle und zwei Unentschieden (gegen Aue und Viktoria Köln) nun der erste Saisonsieg. In Hälfte eins vergab RWE gleich vier hochkarätige Chancen. Im Mittelpunkt insbesondere Neuzugang Moussa Doumbouya der einen Kopfball statt ins Tor mit einem Aufsetzer über den Kasten setzte. Das hätte die Führung für „Rot-Weiss“ sein müssen. Auf der Gegenseite igelten sich die Preußen ein und ließen Essen machen. Etwas herausstach aber vor allem Kankam Kyerewaa mit zwei Chancen.
Die zweite Hälfte begann holprig, genauso wie der Zustand des Rasens derzeit im Stadion an der Hafenstraße ist. Es gab sogar eine vom Schiedsrichter angeordnete Pause, damit die Greenkeeper und Ordner die Löcher im Geläuf provisorisch stopfen konnten. Zum Ende des Spiels wurden beide Teams aktiver und es entwickelte sich ein offener Schlagabtausch bei dem jeder Klub die Chance auf den „Lucky Punch“ hatte. So war es auf Essener Seite zum einen Marvin Obuz der mit zwei Chancen zuerst den Preußen-Schlussmann Maximilian Schulze Niehues und dann nach einem schönen Zuspiel von Ron Berlinski das Aluminium prüfte.
Münster versuchte mit Kontern Nadelstiche zu setzen. Vor allem Kankam Kyerewaa war auch hier wieder im Mittelpunkt, scheiterte aber am starken RWE-Keeper Jakob Golz. Fast wäre Münster der „Punch“ geglückt: In der zweiten Minute der Nachspielzeit trat Sebastian Mrowca zum Freistoß an, den Golz noch so gerade an die Latte lenken konnte. Fast im Gegenzug dann der finale Stoß: Nach einem starken Zuspiel von Cedric Harenbrock erzielte Thomas Eisfeld das 1:0 (90+3). Kurz darauf hatte dann noch Leonardo Vonic die Chance auf 2:0 zu erhöhen, schoss aber am Tor vorbei. Essen brachte das Ergebnis, trotz einer Freistoßchance von Münster und einer klaren aber nur mit der gelben Karte geahndeten Tätlichkeit des SCP Spielers Niko Koulis an Jakob Golz, über die Zeit.
Am Ende ein starker und verdienter Sieg für Essen, für die es am Mittwoch direkt weitergeht: Erste Runde im Niederrheinpokal beim Bezirksligisten SuS 09 Dinslaken. Am Samstag geht es dann zur zweiten Mannschaft des SC Freiburg. Noch ein Kommentar zum Schluss: Wer auch das Anheizen des RWE-Stadionsprechers mit kleinen Scherzen Richtung eigenen Klub nicht abkann und auch da mal wieder in den Mimimi-Meckermodus geht, der ist auch eher Taube als Adler.
Fotos: Alle Bilder Sportfotoagentur frontalvision.com
- Stadion an der Hafenstraße