Keine Frage, das zurückliegende Fußballjahr hatte es in sich! Woran man das merkt? Es fühlt sich überaus lang und emotional an. Die Verabschiedung des umstrittenen DFL-Sicherheitspapiers und die für reichlich Gesprächsstoff sorgende Kampagne 12doppelpunkt12 (12:12) scheinen weit, richtig weit zurückzuliegen. Das Ganze ist erst ein Jahr her? Man glaubt es kaum. Zu sehr überhäuften sich die Schlagzeilen im Laufe der vergangenen 12 Monate. Fußballspiele, über die lange diskutiert wurden. Pyro-Aktionen, die selbst langjährige Stadiongänger zum Staunen brachten. Polizeieinsätze, welche die Zornesadern anschwellen ließen. Und nicht zuletzt kurveninterne Konflikte sowie rechtsradikale Tendenzen in einigen Fanszenen.
turus-Jahresrückblick 2013: Fußballpartys, Fanproteste, Polizeieinsätze und Emotionen
HotWer gedacht hatte, nach der ganzen Sicherheitsdebatte im vergangenen Winter sei die Luft ein wenig raus, der sah sich getäuscht. Von nach und nach weichgespülten Kuschelkurven kann keine Rede sein. Eher hat es mancherorts den Anschein, als würde der Weg in eine brachialere Richtung führen. Ultrà-Gruppierungen positionierten sich noch mehr – im Gegenzug versuchte vor allen Dingen in NRW die Polizei den Szenen einen deutlichen Schuss vor den Bug zu geben. Zu spüren bekamen die harte Gangart vor allem die Ultras in Dortmund und auf Schalke. Folgend ein Rückblick auf die Ereignisse des Fußball-Jahres 2013. Thematisiert werden nur die Ereignisse, bei denen die Autoren von turus.net vor Ort waren.
Gewöhnlich ziehen im Januar die Hallenturniere die Blicke auf sich, so auch im Jahr 2013. Gleich zu Beginn des Jahres konnte der BFC Dynamo sein eigenes Turnier in der großen Sporthalle des Sportforums vor über 1.000 Zuschauern gewinnen. Ein Start in das erfolgreichste Jahr der Weinroten seit dem Fall des deutschen Raumteilers. Für Furore und wahrsten Sinne des Wortes für Alarm sorgten beim Potsdamer Hallenmasters die rund 60 bis 70 angereisten Anhänger von Polonia Bytom. Oberkörper frei und kerniger Support. Zudem Provokationen in Form des Hitlergrußes. Für die einen ein eher banaler Vorfall am Rande (beim polnischen Fußball werden solche Dinge nicht allzu heiß gekocht), für die anderen der Eklat schlechthin. Sei wie es sei, den Anhängern von Tennis Borussia Berlin wurde bereits kurz nach Beginn des Turnieres von der örtlichen Polizei empfohlen, lieber nach Hause zu gehen. Der Grund: Auch einige sportlich orientierte Anhänger der SG Dynamo Dresden waren vor Ort. In Kombination mit den Polen und ein paar Fans des SV Babelsberg 03 ergab sich insgesamt eine brisante Kombination auf den Rängen. Die Jungs aus Bytom ließen sich nicht beirren, zogen ihre Party durch und verursachten am Ende durch das Abbrennen von Pyrotechnik sogar einen Feueralarm. Für Spott war im Nachfeld gesorgt, denn wer ein polnisches Team einlädt, sollte wissen, was er da tut.
Freude indes bei den Suptras. Die Verantwortlichen des FC Hansa Rostock gaben im vergangenen Januar bekannt, dass nach langem Hickhack die Südtribüne wieder geöffnet wird. Ahu! Beim Heimspiel gegen den SC Preußen Münster durften die Ultras des FCH wieder an ihren angestammten Plätzen stehen und von dort aus ihre Mannschaft auf dem Rasen anfeuern. Die Suptras brachten es auf den Punkt: „Nach über einem Jahr der Stille – Wieder auf der Süd – Mit Leidenschaft und Wille!“. Zudem hieß es: „Den Verein gerettet, die Segel gesetzt, brauchen wir nun alle Mann an Deck!“
Alle Mann auf den Rängen waren auch in einem Stadion ein paar tausend Kilometer weiter. Unser Autor Jörg Pochert hatte in Teheran beim überaus beeindruckenden Derby Esteghlal gegen Persepolis vorbeigeschaut. Die Tribünen waren pickepacke voll, über 110.000 Zuschauer wohnten dem Stadtduell bei, bereits im Morgengrauen fluteten die ersten tausenden Fans die Blöcke und harrten dann bis zum Anpfiff aus. Das einzige was an jenem Januartag fehlte, waren die Tore. So fehlte schlichtweg die orgiastische Entladung, allerdings war das halb rot, halb blau gefüllte Stadion auch so beeindruckend genug.
Während es Anfang Februar beim Drittligaduell Chemnitzer FC vs. FC Hansa Rostock trotz medialer Ankündigung von „2.000 Hools“ überaus friedlich blieb, wurde es bei den Spielen 1. FC Kaiserslautern vs. SG Dynamo Dresden und Eintracht Frankfurt vs. 1. FC Nürnberg überaus brenzlig. Pyro satt im Gästebereich gab es auf dem Betzenberg, über 4.000 Dynamo-Fans hatten den Weg in die Pfalz gefunden. Nach dem Spiel kam es zu Zusammenstößen und erheblichen Sachbeschädigungen. Schuld soll jedoch auch die mangelhafte Organisation der Sicherheitsdienste gewesen sein. Hoch her ging es auch am Gästeeinlass des Frankfurter Stadions, wo Nürnberger Fans und polizeiliche Einsatzkräfte massiv aneinander gerieten. Im Vorfeld hatten eine untersagte Anreise per Schiff (offizieller Grund: steigender Mainpegel) und ein umfangreiches Materialverbot bei den Gästefans für reichlich Ärger gesorgt. Als draußen verharrende Boykottierer von der Polizei angegriffen wurden, schien das Maß voll. In der Folge ging es recht derb zur Sache. Ohne nennenswerte Probleme ging indes das Berliner Stadtduell zwischen Hertha BSC und dem 1. FC Union Berlin über die Bühne. Vor ausverkauften Rängen gingen die Eisernen gar mit 2:0 in Führung, am Ende hieß es bei recht ordentlicher Fußballatmosphäre 2:2.
Zwei weitere Nordost-Kracher gab es im März zu sehen. Während jedoch das Zweitligaspiel Hertha BSC vs. SG Dynamo Dresden trotz beeindruckender Gästeschar nicht ganz die Erwartungen hielt, kam der fanorientierte Fußballfreund beim Drittligaduell Hallscher FC vs. FC Hansa Rostock nicht aus dem Staunen heraus. Der Gästeblock platzte aus allen Nähten und die Rostocker Fanszene stellte mal wieder unter Beweis, dass trotz sportlicher Unterklassigkeit jederzeit mit ihr zu rechnen ist. Immens lautstarker Support und dazu eine Pyro-Show, die selbst polnische Hardcore-Ultras hinter dem Ofen hervorgelockt haben dürfte. Sehen lassen konnte sich auch die Choreographie der Saalefront. Zu sehen waren fünf große Hallenser Persönlichkeiten und der Spruch „Wir sind Halle Aas“.
Was zu sehen gab es auch bei der Deutschlandtour des FK Partizan Minsk. Unter dem Motto „Another Football Is Possible“ lud ein Bündnis aus deutschen Fanszenen den FK Partizan ein, damit dieser Vorbereitungsspiele bestreiten und darüber hinaus im Rahmen von Infoveranstaltungen über antifaschistische Aktivitäten und den Fußballalltag in Weißrussland berichten kann. Die von den Fans organisierten Spiele bei Roter Stern Leipzig (zusammen mit der BSG Chemie), bei Victoria Hamburg, bei Tennis Borussia Berlin und beim SV Babelsberg 03 wurden Fußballfeste, bei denen Emotionen ein freier Lauf gelassen werden konnte. Vor allem in Babelsberg sorgte der Einsatz von Pyrotechnik in Kombination mit dem noch vorhandenen Schnee für ein durchaus schmuckes Bild. Ebenfalls eine beeindruckende Pyroshow gab es Anfang April beim polnischen Erstligaduell Pogon Szczecin vs. Lech Poznan zu sehen. Die Heimfans zündeten in Gedenken an Florian Krygier zahlreiche Bengalos.
Kein Zehner für nen Steher. Fußball muss bezahlbar sein! Klingt nicht außergewöhnlich, ist es aber. Der Grund: Der Sechstligist BSV Hürtürkel. Die Neuköllner verlangten bei ihrem Heimspiel gegen Tennis Borussia Berlin am Mittwochabend unverschämte 10 Euro. Dafür musste doch bestimmt allerhand geboten werden, wird man sich denken. Ein tolles Stadion, liebevoll gestaltete Eintrittskarten, ein lesenswertes Programmheft, ein überdurchschnittliches Catering-Angebot und einen Fanshop mit reichlicher Auswahl. Doch nichts dergleichen war der Fall. Die Besucher fanden einen Kunstrasen-Sportplatz ohne jeglichen Ausbau vor. Als Ticket gab es Kino-Abrisskarten ohne Aufdruck des Vereinsnamens, ein Programmheft wurde gar nicht angeboten. Selbst ein Stadionsprecher fehlte! Tebe-Fans als zu melkende Geldkühe – so dachten sich das wohl die Vereinsverantwortlichen. Doch Pustekuchen, die Hälfte der 150 angereisten Tebe-Fans blieb draußen und verfolgte vom Zaun aus das Spiel. Dem nicht genug, wurde das Ganze im Nachfeld medial massiv ausgewertet. Für Hürtürkel ein klassisches Eigentor allererster Güte!
Schauplatz Karl-Liebknecht-Stadion. Mitte April war der FC Hansa Rostock zu Gast bei Nulldrei, die Fans hatten wieder einmal eine ganze Kofferraumladung Pyrotechnik dabei. Über 9.000 Zuschauer bekamen einen 2:1-Heimsieg der Filmstädter und zehn Minuten vor Abpfiff italienische Verhältnisse im Gästeblock zu sehen. In den Farben weiß und blau flammte und rauchte es aus allen Rohren. Sich nicht lumpen ließen zudem die Ultras im Block O, zum zweiten Mal im Laufe des Spiels ließen sie es in ihrem Bereich gelblich aufflammen. Im Fokus bei turus.net standen im April 2013 auch die polnischen Gästebereiche, die häufig durchaus als Käfig oder Kerker bezeichnet werden dürfen. Besonders in den unteren Ligen spottet manch ein Verhau jeder Beschreibung! Eine gute Adresse für Liebhaber fremdartigster Käfighaltung ist beispielsweise der Gästebereich von Blekitni Stary Jaroslaw (7. Liga, Koszalin, Nord-Staffel). Ganz unscheinbar befindet sich neben dem Sportplatz eine kleine Treppe mit Geländer. Nach ein paar Schritten steht man auf mit Gras überwachsenen alten Stufen. Von hier aus kann man nun als Gästefan das Spiel beobachten. Man steht im Prinzip in einem abgesperrten Bereich außerhalb des Sportplatzes und hat einen Zaun, Büsche und Bäume vor der Nase.
Schauplatz Essen und Leipzig. Am zweiten Mai-Wochenende standen zwei brisante Duelle im Fokus. Zuerst kreuzten in der Regionalliga Nordost RB Leipzig und 1. FC Lokomotive Leipzig die Klingen. 20.348 Zuschauer pilgerten in das einstige Zentralstadion, unter ihnen mindestens 8.000 Anhänger der Loksche. Fast hätte Lok einen Sieg feiern dürfen, doch statt eines Elfmeters pfiff der Schiedsrichter kurz vor Schluss einen Freistoß an der Strafraumgrenze. Dieser konnte nicht verwertet werden und somit blieb es beim torlosen Remis, welches allerdings von den Lokisten wie ein Sieg gefeiert wurde. In Essen beendete indes der Wuppertaler SV an der Hafenstraße beim Erzrivalen RWE seine Durststrecke. Rund 800 WSV-Fans unter den insgesamt 8.775 Zuschauern bekamen einen 2:1-Sieg der Bergischen zu sehen. Übermütig versuchten diese sogleich die Tore zum Innenraum aufzubrechen. Nur ein massiver Ordnereinsatz und eine Fixierung der Gitter konnte dies verhindern. Und ach ja: Ein Aufeinandertreffen wird 2014 nur im Landespokal möglich sein, denn im Sommer 2013 startete der WSV in der Oberliga Niederrhein einen Neuanfang.
Alle für Lotte. So hieß es Anfang Juni in der Aufstiegsrunde zur 3. Liga. Nach zwei vergeblichen Anläufen – in den Jahren zuvor musste RasenBallsport Leipzig dem Chemnitzer FC und dem Halleschen FC den Vortritt lassen – wollten die „Roten Bullen“ nun den Sprung in den Profifußball packen. Sportfreunde Lotte – so der Gegner. Im Hinspiel fanden sich im Gästebereich rund 1.000 Fans ein, die Lotte die Daumen drückten, unter ihnen zwei Busladungen „echter“ Lotte-Fans. Nachdem RB das Hinspiel für sich entscheiden konnte, schien die Sache eine deutliche Angelegenheit zu werden. Doch im Rückspiel mussten die Bullen noch einmal mächtig zittern. Ab in die Verlängerung. In dieser konnte sich der finanzstarke Favorit allerdings durchsetzen und den Aufstieg in die 3. Liga feiern. Mächtig was los war beim Duell Hessen Kassel gegen Holstein Kiel. 1.800 Nordlichter hatten den Weg nach Kassel gefunden – und durften am Ende der Partie die Rückkehr in Liga drei feiern. Nach Abpfiff kam es im Innenraum zu handfesten Auseinandersetzungen zwischen Fans beider Lager, die jedoch von der Staatsmacht recht bald unterbunden werden konnten. Als dritter Aufsteiger aus der Runde ging der SV Elversberg, der sich gegen den TSV 1860 München II durchsetzen konnte, hervor.
Zurück im Osten. Dort zog der BFC Dynamo im Berliner Landespokal nach Elfmeterschießen bei Viktoria 1889 ins Finale ein. Rund 900 weinrote Fans feierten im Ebert-Stadion frenetisch den zuvor eingewechselten Keeper „Olli“ Hinz, der gleich zwei Elfmeter halten konnte. Im Finale konnte der BFC im Jahn-Sportpark vor 6.400 Zuschauern (rund 5.000 BFCer) schließlich den Pott holen und auf diesem Wege in die erste Runde des DFB-Pokals einziehen. Ein anderer ehemaliger DDR-Oberligist konnte mit einem Sieg in Seelow das Feuer am Brennen halten. Die Rede ist vom Brandenburg-Ligisten FC Stahl Brandenburg. Bereits zum zweiten Mal in Folge schrammte Stahl haarscharf am Abstieg in die siebte Liga vorbei. Andere Sorgen hatte im Juni die BSG Wismut Gera. Dort hieß es: Land unter. Das schwere Hochwasser hatte auch die Sportstätte der BSG Wismut heimgesucht. Nun hieß es Spenden sammeln und feste anzupacken. Arg betroffen war auch das Ernst-Abbe-Sportfeld in Jena. Ungewisse Zeiten für den Regionalligisten FC Carl Zeiss. Erst war das Stadion komplett gesperrt, dann platzte noch eine bittere Nachricht rein wie eine Bombe: Die markanten Flutlichtmasten mussten demontiert werden. Aufgrund des Hochwassers und mangelnder Wartung musste diese nun wegen Schäden an den Fundamenten abgebaut werden.
Die Sommerpause war unter dem Strich kurz. Bereits Mitte Juli rollte bereits der Ball. Den Auftakt bildete die Regionalliga Bayern. In anderen Stadien gab es indes noch durchaus interessante Testspiele zu sehen. So fanden sich in Dresden mal eben 21.000 Zuschauer auf den Rängen ein, um das Spiel gegen Ajax Amsterdam zu sehen. Der 32-malige niederländische Meister gewann locker mit 3:0, im Gästeblock sorgten die zirka 200 angereisten Aja-Fans für mächtig Bambule. Ausverkauft hieß es beim Kracher 1. FC Union Berlin vs. Celtic FC. Und das Kommen hatte sich aus Sicht der Eisernen gelohnt. Zum einen gab es einen klasse 3:0-Sieg der Berliner zu sehen, zum anderen wurde die neue Haupttribüne mit Bengalos auf den Dächern stilvoll eröffnet.
Alte Bekannte durften tief, ganz tief im Westen zurück in der Regionalliga begrüßt werden. Die einstigen Bundesligisten SG Wattenscheid 09 und der KFC Uerdingen 05 zurück auf größerer Bühne. Ende Juli trafen die beiden Vereine in der Lohrheide aufeinander, knapp 2.600 Zuschauer (rund 1.300 Gäste) wollten dieses Duell sehen. Bei schwülwarmen Temperaturen zeigten sich beide Fanblöcke durchaus gut aufgelegt und zeigten ansprechende Choreographien und Spruchbänder.
In der Regionalliga Nordost ging es ebenso mit gut gefüllten Rängen in die Hinrunde. Für reichlich Diskussionsstoff sorgte am 03. August die Partie SV Babelsberg 03 vs. 1. FC Lokomotive Leipzig. Bereits vor Anpfiff entlud es sich gewaltig an der Schnittstelle zwischen Heim- und Gästebereich. Noch vor dem Eintreffen der zugfahrenden Gästefans, enterten etliche Lok-Anhänger nach dem Austausch von verbalen Provokationen den Pufferblock und standen bereits am Zaun zur Nordkurve der Nulldrei-Fans. Hitzig wurde es auch am Einlass, etliche Nachzügler stürmten nun den Gästeblock. Ordner und Polizei hielten sich weitgehend zurück, um die Situation nicht vollends eskalieren zu lassen. Das ganze Spiel über blieb die Lage auf den Rängen angespannt, der 1:0-Sieg der Filmstädter geriet ganz klar in den Hintergrund. Noch Tage danach wurde das Geschehen rund um die Partie ausgewertet. Mit einem „Politik hat nichts beim Fußball zu suchen“ war es nicht getan. Ganz klar, auch turus.net musste bei der Aufarbeitung der Ereignisse Lehrgeld zahlen.
„An Hässlichkeit kaum zu überbieten!“, hieß es knapp drei Wochen später. Gemeint war der überaus sinnlose und völlig überzogene Polizeieinsatz beim CL-Spiel FC Schalke 04 vs. PAOK Saloniki. Mit Knüppeln und Pfefferspray hinein in die Nordkurve – und das wegen eines Banners Ultras „Komiti Skopje“ des mazedonischen Vereins Vardar Skopje. Der „Stern von Vergina“ als Anlass für ein brutales Hineinstürmen in den Heimbereich der Knappen. Auch Monate später kann man nur den Kopf schütteln. Ganz klar, das war eine echte Farce! Die Antwort der Ultras Gelsenkirchen? Eine kraftvolle Fandemo von der Glückauf-Kampfbahn zur jetzigen Arena am 21. September. Über 2.000 Fans / Ultras nahmen am Marsch teil. Die zentralen Forderungen: „Gegen Repression und Polizeigewalt!“, „Sitzer absetzen!“, Jäger raus!“, „Keine Narrenfreiheit für Schläger!“, „Bullen aus den Kurven!“ Wie Fußball auch funktionieren kann, bewiesen die Anhänger des FC Schalke 04 und der BSG Chemie Leipzig bei einem von den Fans selbst organisierten Testspiel zwischen S04 II und der BSG in der altehrwürdigen Glückauf-Kampfbahn. Es wurde eine stimmungsvolle Fanparty mit Emotionen und ohne Restriktionen.
Eine verbrannte Zaunfahne sorgte am 27. September für Gesprächsstoff. Bereits im Vorfeld wurde gemunkelt, dass die Rostocker Ultras beim Freitagabendspiel beim MSV Duisburg im Laufe der zweiten Halbzeit etwas präsentieren würden. Und in der Tat, der mit 1.200 Fans gut gefüllte Gästebereich wurde in der letzten Viertelstunde der Blickfang der Partie. Der 2:0-Sieg des MSV sollte zur Nebensache werden, denn nachdem sämtliche Banner und Zaunfahnen abgenommen und sicher verpackt wurden, kam plötzlich ein einst in Kiel gezogenes Banner der Duisburger Gruppierung „Inferno“ zum Vorschein. Während sich wutentbrannte Heimfans auf den Weg in Richtung Gästeblock machten, versuchten Ordner aus dem Innenraum heraus die Zaunfahne zu entfernen bzw. zu sichern. Wenig später wurde diese unter Einsatz von Pyrotechnik von den Rostockern angezündet und verbrannt. Die Situation schien zu eskalieren und auch das Spiel wurde kurz unterbrochen. Im Endeffekt blieb es aufgrund des Einsatzes von Polizei und Ordnern bei verbalen Wortgefechten, fliegenden Bierbechern und einer wohl in der Form und Härte außergewöhnlichen Aktion.
Schauplatz Berlin. Gute Zeiten in Sachen Fußball. Wenn schon nicht der Großflughafen fertig wird, so erleben wenigstens die relevanten Fußballklubs wahre Höhenflüge. Während Hertha BSC nach dem Wiederaufstieg in der 1. Bundesliga eine gute Rolle spielt, ist auch der 1. FC Union Berlin in Liga zwei richtig dicke mit dabei. Zwar gab es zwischenzeitlich eine Durststrecke, doch unter dem Strich war es eine prima Hinrunde, und die Eisernen werden gewiss auch 2014 im oberen Tabellendrittel mitspielen. Der FC Viktoria 1889 Berlin spielt bereits in der Regionalliga Nordost – und genau in diese möchte nun endlich auch der BFC Dynamo aufsteigen. Im kommenden Frühjahr dürfte es soweit sein. Die Hohenschönhausener fuhren einen Sieg nach dem anderen ein, nur beim Ortsnachbarn SV Lichtenberg 47 musste ein Remis hingenommen werden. Zum Auswärtsspiel in Greifswald wurde sogar ein Sonderzug eingesetzt, rund 1.200 Fans unterstützten ihr Team im Volkstadion und zeigten, dass mit dem Verein und seinem Umfeld zu rechnen ist. Die Sache rund könnte der Aufstieg von Tennis Borussia Berlin von der Berlin-Liga in die Oberliga machen. Ob es der Micha Fuß richten kann?
09. November 2013. Gleich zwei Kracher standen an jenem Freitagabend (leider zeitgleich) an der Tagesordnung. Zum einen das Niedersachsen-Duell Hannover 96 gegen Eintracht Braunschweig, zum anderen das Nordost-Duell SV Babelsberg 03 gegen 1. FC Magdeburg. Bei beiden Partien herrschte höchste Sicherheitsstufe, bei beiden Partien war mit massivem Einsatz von Pyrotechnik zu rechnen. Wer dachte, die Rostocker Pyroshow im KarLi wäre nicht zu toppen, sah sich getäuscht. Der Magdeburger Anhang legte noch ein Schippchen drauf. Trotz akribischer Kontrollen konnte ein ganzes Arsenal an Bengalos, Rauchtöpfen, Leuchtkugeln und Raketen mit in den Gästeblock geschafft werden. Zustande kam eine Show, die Italien-Freunde die Augen glänzen ließen. Weniger schön war sicherlich das aufgebrochene Tor und ein versuchter Platzsturm einiger Magdeburger Hools in der zweiten Halbzeit. Zwar mögen manche meinen, das Ganze sei eben „old school“ gewesen, doch letztendlich kam es fast zum Spielabbruch und demzufolge zum totalen Punktverlust für die „Größten der Welt“. Aber eben nur fast, glücklicherweise ging das Szenario am Ende noch relativ glimpflich aus.
Weniger harmlos ging es beim Belgrader Derby zu. Bürgerkriegsatmosphäre beim „Ewigen Derby“ zwischen Roter Stern und Partizan. Totengräber in Aktion. Bereits vor Anstoß beschossen sich die zutiefst verfeindeten Fangruppen des FK Partizan mit Leuchtkugeln und Knallkörpern. Wieder einmal wurde deutlich, dass beim serbischen Fußball die Uhren komplett anders ticken. Zumindest aus Sicht des serbischen Verbands schien das Maß nun voll zu sein, dieser hatte im November drakonische Strafen angekündigt.
Ein Stück weit auf den Balkan versetzt fühlte man sich auch beim Fanmarsch der Rostocker in Leipzig am 24. November. Am Abend vor dem Spiel bei RB Leipzig hatten die Suptras über ihre Seite um 21 Uhr den Treffpunkt bekanntgegeben. Ab 10:30 Uhr sollte sich auf dem Richard-Wagner-Platz getroffen werden, was schließlich auch klappen sollte. „Scheiß Bullen“. In Großbuchstaben in den Farben Rot und Schwarz auf weißem Banner. Was sonst nicht lange gehalten werden dürfte und von den polizeilichen Einsatzkräften sicherlich in kürzester Zeit abgepflückt wird, war an jenem Tag erlaubt. Schließlich ging es (offiziell) um die selbst ernannten „Roten Bullen“ vom RasenBallsport Leipzig. Da konnte selbst gegen das übliche „Alle Bullen sind Schweine“ nicht wirklich behördlich vorgegangen werden. Allerdings sah sich die Polizei auch mit ganz anderen Probleme konfrontiert. Nachdem der breite Tröndlinring überquert und in eine schmalere Nebenstraße marschiert wurde, hätte man meinen können, man sei bei einer Übung einer Wehrsportgruppe. Nach einem „Hier regiert der FCH!“ begann das Getöse. Böller am laufenden Band. Die Rostocker machten es den Anhängern von Partizan Belgrad oder ZSKA Sofia gleich. Einzelne Leuchtkugeln stiegen hoch, erste Flaschen klatschten an die Fassaden oder landeten zu Füßen der Einsatzkräfte. Nach einem zwischenzeitlichen Stopp erreichten die Rostocker jedoch das Stadion, wo schließlich 6.000 Gästefans eine gigantische Party feiern konnten. Nach großem Kampf gelang es dem FC Hansa das Team von RasenBallsport mit 2:1 zu bezwingen!
Bereits eine Woche zuvor hatte die Polizei in Leipzig einen Großeinsatz. Der Grund: Im sächsischen Landespokal trafen die BSG Chemie Leipzig (7. Liga) und der Chemnitzer FC im altehrwürdigen Alfred-Kunze-Sportpark aufeinander. 3.000 Zuschauer auf den Rängen, davon rund 400 im Gästebereich. Manch einem älteren (und auch jüngeren) Chemiker trieb die Atmosphäre eine Portion Pipi in die Augen. „Und warum seid ihr da?“ Laut ertönte die markante Stimme des Stadionsprechers im AKS in Leipzig-Leutzsch. „Wegen Chemie!!“ schallte es von den Rängen. „Und wer gewinnt heute?“, „Chemie!!“ Und wenig später: „Einer für alle...“ – „... alle für einen!!“ „Alle für die BSG Chemie!“ Das war schon eine – na, nennen wir das Kind ruhig mal beim Namen – geile Nummer! Dieses Pokalspiel war eine Wucht. Auf dem Rasen konnten sich die Underdogs recht gut verkaufen, auf den Rängen sorgten Diablos & Co. für prächtige Stimmung. Dass der Chemnitzer FC am Ende mit 4:0 in die nächste Runde einziehen konnte, nahm kaum ein Chemiker wirklich krumm. Das Wichtigste an jenem Tage: Die BSG lebt noch.
Und auch der Dezember 2013 hatte noch was zu bieten. Zum Beispiel ein Derby in Eisenhüttenstadt, gelegen an der deutsch-polnischen Grenze. Im Dynamo Sportpark trafen der FSV Dynamo und der EFC Stahl in der siebten Liga aufeinander. Knapp 500 Zuschauer wollten das Duell sehen. Für Skurriles war auch gesorgt, so verbrannte ein EFC-Anhänger einen Dynamo-Schal unmittelbar neben den Zapfsäulen einer nahen Tankstelle. Zum Sportlichen: Der EFC Stahl konnte 4:1 gewinnen und somit die Tabellenspitze behaupten, der FSV Dynamo steckt indes weiter im Abstiegskampf.
Zudem im Fokus bei turus.net in den letzten Wochen des Jahres: Das Duell FC Basel vs. Grasshopper Zürich, bei dem der Spieler Sio die FCB-Fans in der 94. Minute feurig jubeln ließ. Ein überraschend deutlicher 4:0-Sieg des 1. FC Union Berlin beim VfL Bochum, der Auftritt von Alemannia Aachen bei der SG Wattenscheid 09 in der Lohrheide, der 1:0-Heimsieg des FC Hansa Rostock gegen Elversberg, die knappe 1:2-Niederlage des Halleschen FC bei RB Leipzig sowie das Weihnachtssingen im Stadion An der Alten Försterei in Berlin-Köpenick am Abend vor Heiligabend...
Und nun? Nun atmen wir mal durch und sind gespannt, was das kommende Fußballjahr so mit sich bringt!
Allen Lesern einen guten Rutsch ins Jahr 2014!
Ganz besondere Grüße an Kai Tippmann von altravita.com, an Frank Willmann, Hardy Grüne, an Sandy & Ric von UiSF, an unsere Autoren & Fotografen Felix Natschinski, Jörg Pochert, Chris Wode, Glenn Dawson, Mia, Frank Langkabel, Matthias Dehmel, Arne Mill, P. Schoedler, Danny N., Michael, Eric K., tr-fotos.de, Claude Rapp, Marcel Bär, Christopher B., Sören Kohlhuber und Frank Grunert!
Fotos: turus.net-Bildarchiv, Marco Bertram, Ricardo Lichtenfeld, Sandy Hartenstein, Jörg Pochert, Felix Natschinski, Michael, Frank Grunert, tr-fotos
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